Nachlese: Solibri Model Checker User Exchange
Bei unserem ersten Solibri Model Checker User Exchange am 6. Dezember 2018 trafen sich im Raum der IG Architektur Anwender und Interessierte. Viele Anwenderinnen und Anwender nutzen den Solibri Model Checker nur sehr oberflächlich und reizen die zahlreichen Möglichkeiten, die das Programm bietet, nicht aus. Daher haben wir Expertinnen und Experten geladen, die mit Beispielen aus der Praxis zeigen, was das Programm alles kann und wie es effizienz- und qualitätssteigernd eingesetzt werden kann. Für Interessierte bot die Veranstaltung einen tiefen Einblick in die Materie, der die Entscheidung für das Programm leichter macht.
Qualitätsmanagement in Großprojekten
Im ersten Vortrag des Tages präsentierten Michael Larisch und Marion Faes vom Health Team Europe ihre Erfahrungen anhand eines großen Krankenhausprojektes in Luxemburg. Das geplante „Südspidol“ mit 583 Betten und 120.000m² BGF ist ein beachtliches BIM-Projekt. Bei einem Projekt dieser Größe, bei dem allein die Technikflächen 20% ausmachen und komplexe räumliche Konstellationen die Planung besonders in der Haustechnik erschweren, ist ein gut strukturierter BIM-Planungsprozess unumgänglich. Das Health Team Europe setzt hier den Solibri Model Checker auf mehreren Ebenen ein. Das eigene Architekturmodell wird regelmäßig geprüft und intern koordiniert. Dies erfolgt jeweils 3 Tage vor Abgabe von Planungsständen bzw. direkt vor der Abgabe, um die notwendige Qualität der Datenübergabe sicherzustellen. Die Architektur ist in diesem Fall auch für die Gesamtkoordination zuständig, somit gibt es auch regelmäßige Meilensteinprüfungen, bei der Modelle aller Gewerke auf Konsistenz geprüft werden.
Michael Larisch und Marion Faes zeigten direkt im Solibri Model Checker Beispiele für typische und interessante Probleme bzw. Fehler, die bei der Prüfung zwischen den 15 Teilmodellen miteinander aufgefunden wurden: Einrichtungsgegenstände, die mit der Rohrpost kollidieren, Handläufe die in Wendekreise hineinreichen und damit die Barrierefreiheit aufheben, Heizkörper an unpassenden Stellen, generell plötzlich zu kleine Räume nach Änderungen in der Haustechnik, Modellierfehler bei Abhangdecken und einiges mehr.
Die Liste an vom Solibri Model Checker entdeckten potentiellen Problemen bei diesem Großprojekt wurde aus Zeitgründen nicht vollständig ausgeführt, jedenfalls zeigte sich rasch, welche immensen Vorteile der Solibri Model Checker für das Planungsteam und die Qualität der Planung hat.
Die Vortragenden betonten, wie wichtig es bei der Erstellung eines Reports ist, sich in die Lage des weiteren Bearbeiters zu versetzen und die 3D-Ausschnitte so zu wählen, dass der Empfänger die mittels BCF kommunizierten Problemstellen leicht finden und entsprechend bearbeiten kann. Im Vergleich zu früher üblichen Anmerkungen mit Rotstift-Wolke auf einem 2D-Plan ist eine aussagekräftige BCF-Kommunikation damit noch weiter überlegen.
Modellbasierte Qualitätskontrolle in verschiedenen Leistungsphasen. Vom Vorentwurf zur Bauausführung
Moritz Mombour von Albert Speer + Partner (AS+P) zeigte als zweiter Vortragender drei Projekte aus der eigenen Planungspraxis. Dabei wurde der Einsatz vom Solibri Model Checker in allen Planungsphasen im Detail vorgestellt. Besonders spannend war der Einsatz des Programmes, der den gesamten Bogen von den ersten Planungsschritten bis hin zu einer umfangreichen Werkplanung umspannt.
In der Werkplanung wurde beispielsweise eine Fassade aus Stahlbeton-Fertigteil-Elementen, mit einer kombinierten Außenhülle aus Fertigteilen, im Detail bis hin in die einzelnen Bewehrungsstäbe und Befestigungsmittel geprüft. Auch Bestandteile, die gar nicht modelliert sind, lassen sich über cleveres Kombinieren der Solibri Model Checker Regeln überprüfen, wie am Beispiel von Befestigungsmitteln, die Abdichtungsbahnen durchdringen würden, gezeigt wurde.
Moritz Mombur kombiniert den Solibri Model Checker und Excel besonders innovativ. In der Zusammenarbeit der beiden Programme verwendet er Excel als Übersetzer für die unterschiedlichen IFC-Dateien und kann somit die Klassifizierungen im Solibri Model Checker noch flexibler nutzen. Der erfahrene Anwender kann sich also über den geschickten Einsatz von Excel und dem Solibri Model Checker selbst das Arbeiten leichter gestalten!
Eine sehr gute Lösung wurde für die Nullpunkt-Koordination als Eingangsprüfung vorgestellt: Nur bei korrektem Nullpunkt aller Modelle ergeben die einzelnen Teile eine ganze „Torte“. Passen die Stücke nicht perfekt zusammen, stimmt der Nullpunkt nicht und man braucht mit einer Modellprüfung gar nicht zu beginnen.
Auch in der Kostenplanung hat sich für das Planungsbüro der Solibri Model Checker als zuverlässiger Partner erwiesen.
Zum Ende des Vortrags sprach sich Moritz Mombur nochmals für die die verstärkte Nutzung der Klassifizierungen im Solibri Model Checker aus. Wer das Programm für mehrere Projekte einsetzt kann über eine kluge Einstellung der Klassifizierungen viel Zeit sparen und noch mehr Nutzen aus dem Programm ziehen.
Solibri Model Checker – ein wichtiger Baustein in der IFC-Datenkette
Tina Krischmann vom office for digital engineering (ode) holte in ihrem Vortrag etwas aus und zeigte wie der Solibri Model Checker die gesamte IFC-Datenkette unterstützt.
Als Einstieg gab sie einen gut aufbereiteten Exkurs in die Organisation von BIM-Projekten sowie das IFC Dateiformat. Für die Arbeit mit dem Solibri Model Checker ist es zwar nicht zwingend notwendig, aber in jedem Fall hilfreich die Grundlagen des IFC-Formats zu verstehen. LOI (Level of Information), LOG (Level of Geometry), BAP (BIM Ablaufplan), AIA (Auftraggeber-Informations-Anforderungen), OHB.BIM (Organisationshandbuch BIM) und viele weitere Begriffe wurden verständlich erklärt und mit der IFC bzw. Solibri Model Checker Anwendung in Verbindung gebracht.
Um über mehrere Projektphasen, entsprechend der Informationslevel, überhaupt prüfen zu können, sollte auch pro Phase definiert werden, was überhaupt geprüft werden soll. Als Beispiel: In der Entwurfsplanung nützt es wohl nichts, die Integrität der Brandschutzwerte zu überprüfen, wenn diese in der Phase noch gar nicht definiert wurden. Prüfregeln im Solibri Model Checker sollten also abhängig von den Projektphasen entsprechend sinnvoll definiert werden.
Auch die Wichtigkeit von ordentlich strukturierten Prüfberichten zur Einschätzung des Projektfortschrittes wurde von Tina Krischmann hervorgehoben. Damit wird die Qualität des Modells nachvollziehbar und die Prüfergebnisse statistisch zusammengefasst.
Round Tables
Bei den Round Tables konnten alle Vortragenden persönlich zu ihrer Erfahrung und ihrem Expertenwissen befragt werden. So konnten sich unsere neugierigen Zuhörer viel neuen Input und Wissen über den Einsatz des Solibri Model Checkers mitnehmen.
Neue Features – Ein- und Ausblick in die Produktentwicklung
Als Abschluss des Vortragsprogramms präsentierte Cornelius Preidel von der Solibri Produktentwicklung die Zukunft des Solibri Model Checkers.
Nach einer kurzen Vorstellung der Abläufe in der Softwareentwicklung erfuhren wir zu Beginn, dass der Solibri Model Checker jetzt in Form von Rolling Releases viel öfter, dafür jeweils mit weniger Änderungen, aktualisiert wird. Kunden werden in öffentlichen BETA Versionen ab jetzt eingeladen, neue Features mitzutesten und die eigene Meinung dazu abzugeben. Dadurch können dringende Kundenwünsche rascher umgesetzt werden und Solibri bekommt schnell Feedback zur aktuellen Entwicklung. Im Falle von unterschiedlichen Vorstellungen der Anwender können auch leichter Adaptierungen vorgesehen werden. Die Kommunikation dazu wird im neu geschaffenen Solibri Society Userforum stattfinden.
Passend dazu wird gerade sehr aktiv daran gearbeitet, APIs, also Programmierschnittstellen zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet, es können von Programmierern mit JAVA Kenntnissen rasch eigene Regeln und Funktionen im Solibri Model Checker entwickelt werden.
Der BCF Connector wird momentan verbessert und bald übliche CDE (Common Data Environments) direkt über den Solibri Model Checker ansteuern können. Die BCF-Kommunikation und der Datentausch lassen sich somit strukturiert und nachvollziehbar über eine gemeinsame Datenumgebung aller Projektbeteiligten abwickeln. Der ganze Kommunikationsworkflow im BIM-Prozess wird dadurch noch angenehmer und leichter. Weiters können in einem CDE Projektbeteiligte ganz ohne Solibri Model Checker oder BIM Software webbasiert offene Themen bearbeiten.
Dafür wird technisch die derzeit noch kaum verbreitete BCF API verwendet, welche als offener Standard von buildingSMART zur Verfügung steht.
Für Poweruser wird gerade an einer AutoRun Funktion gearbeitet, wo Routinen mit Arbeitsschritten wie Öffnen von Modellen, Laden von Regeln, Prüfen und Abspeichern als Solibri Model Checker Projekt direkt als Ablauf definiert werden und jederzeit per Knopfdruck durchgeführt werden können. Die wirkliche Überprüfung eines Projektes muss natürlich weiterhin der Mensch durchführen, der ja dann beurteilen muss, inwiefern ein vom Solibri Model Checker entdecktes Problem wirklich ein zu bearbeitender Fehler ist. Aber auch mit der Automatisierung der kleinen Schritte kann die Arbeitszeit wieder ein Stückchen effizienter genutzt werden.
Ausklang
Bei Snacks und Getränken konnten die Gespräche der Round Tables in lockerem Rahmen wieder aufgenommen werden. Cornelius Preidel beantwortete in persönlichen Gesprächen noch viele Fragen und ermunterte die Solibri Model Checker User, sich bei kommenden Versionen mit ihren Rückmeldungen zum Programm in die weitere Entwicklung einzumischen.
Wir danken allen, die zu einer gelungenen Premieren beigetragen haben und hoffen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wertvolle Tipps für das Arbeiten mit dem Solibri Model Checker für sich mitnehmen konnten. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und viele neue Gesichter beim nächsten Solibri Model Checker User Exchange!